Das neue Gesicht der Evangelischen Kirche und ihrer Bildungseinrichtungen öffnet sich mit hohen, verglasten Räumen und hochwertigen Fassadenelementen freundlich zur Nürnberger Innenstadt.
Bild: Franz und Sue ZT GmbH
Nürnberg
"Eine echte Zukunftsentscheidung"
Im Sommer 2017 hat die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) die Immobilie in der Bayreuther Str. 1 in Nürnberg erworben. Derzeit ist die Immobilie vermietet und erwirtschaftet eine auskömmliche Mietrendite. Nach umfangreichen Vorarbeiten – Machbarkeitsstudien, Bestandsanalysen, Nutzerbedarfserhebungen, kirchenpolitischen Diskussionen, Entwürfen und Feinplanungen – wird das Gebäude zu einer Immobilie mit evangelischem Profil, zu einem evangelischen Bildungscampus weiterentwickelt.
Mit großer Mehrheit stimmten die Synodalen auf der Herbsttagung 2020 für die Realisierung des Evangelischen Campus Nürnberg die dafür notwendigen Investitionen. Damit kann der Campus ein Beitrag zur gewollten Vielfalt in der Weite der Kirche werden, "ein Mosaikstein im profilierten Bild der ELKB, ein Lebens- und Sozialraum für Bildung, ein Lern- und Lehrraum für Menschen in der ganzen Bandbreite sozialer, pädagogischer und diakonischer Berufe", so der ehemalige Regionalbischof Stefan Ark Nitsche beim Beschluss.
Die Informationszeitung zum Evangelischen Campus Nürnberg (ECN) gibt Einblicke in die Genese des Projekts, zeigt die Fakten zur Immobilie auf, beschreibt Chancen und Risken.
In mehreren Workshops der Landeskirche entstand 2018 die Vision, das Thema Bildung als Leitidee zu entwickeln und den Campus Nürnberg (ECN) zu gründen. Bildung ist seit der Reformation untrennbar mit der protestantischen Identität verknüpft. Bildung als ganzheitliche Persönlichkeitsbildung ist wesentlicher Bestandteil des evangelischen Profils. Zudem ist Bildung eines der großen Zukunftsthemen, auch für die Kirche.Die gemeinsame Vision lautete: „Verschiedene evangelische Einrichtungen unter einem Dach. Ein offener Ort für Bildung, Begegnung und Beratung.“ Zudem soll das Konzept auch andere kirchennahe und nicht -nahe Organisationen begeistern.
Chancen des Projekts
Mit dem ECN setzt die Landeskirche auf die Megatrends „Wissenskultur“ und „Wir-Kultur“. Die Kirche schafft einen weit sichtbaren Leuchtturm für Bildung und gibt positiven Interessengruppen Raum. Ein Miteinander von Mitarbeitenden in der Aus-, Fort- und Weiterbildung, von Kirche und Diakonie, von Kirche und Zivil- bzw. Stadtgesellschaft kann für alle Impulse schaffen. Mit einem attraktiven Zukunftsprojekt stärkt die ELKB ihr Image und zeigt Präsenz gut sichtbar mitten in Nürnberg, gut erreichbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Die Entscheidung ist gefallen: Die Pläne zum Evangelischen Campus Nürnberg werden realisiert. Ein Film von Axel Mölkner-Kappl.
Wie wird das Gebäude zukünftig aussehen?
Im Juli 2019 hatte die ELKB einen Architekturwettbewerb für die Immobilie ausgelobt. Es gab drei Siegerentwürfe. Der Projektlenkungsausschuss ECN entschied, mit dem Wiener Architekturbüro Franz&Sue in Zusammenarbeit mit EGKK Landschaftsarchitektur (ebenfalls Wien) in die weitere Planung zu gehen. Die offizielle Webseite des Projekts Evangelisch Campus Nürnberg informiert über die Entwürfe und den Baufortschritt.
Die häufigsten Fragen – Zur Immobilie
Bei dem Gebäude handelt es sich um die ehemalige Oberpostdirektion, die im Jahre 1972 in zentraler Lage am nordöstlichen Rand der Nürnberger Altstadt gebaut wurde. Die vermietbare Gewerbe- und Bürofläche liegt bei 25.000 m² und könnte durch den Umbau auf ca. 30.000 m² wachsen.
Die Evangelische Hochschule Nürnberg (EVHN) sowie die Fachakademien Rummelsberg planen in das Gebäude zu wechseln. Sie werden mit mehr als 2.000 Studierenden, Schülerinnen und Lehrenden eine Anziehungskraft auf junge Menschen entwickeln. Beide Träger sind derzeit in unzureichenden Immobilien untergebracht und brauchen größere und attraktivere Räume.
Die Hochschule leidet unter Raumnot. Sie wurde für 590 bis max. 700 Studierende konzipiert. Mittlerweile sind mehr als 1.500 Studierende eingeschrieben. Die EVHN ist gezwungen, fremde Räumlichkeiten anzumieten. Sie sind über die Stadt verteilt. Für die EVHN besteht unmittelbar Handlungsbedarf, da die vorhandenen Räumlichkeiten auch im Hinblick auf den neuen Studiengang „Hochschulische Pflegeausbildung - HPA“ nicht mehr ausreichen. Die Alternative für die EVHN wäre einstweilen die Fortführung des gegenwärtigen teuren und unbefriedigenden Zustands.
Für viele Einrichtungen der ELKB wäre das Zusammenziehen in einem Gebäude ein großer inhaltlicher Gewinn. Deshalb sind das Amt für Gemeindedienst, das Amt für Jugendarbeit, das Gottesdienstinstitut, die Evangelische Schulstiftung sowie eine Reihe weiterer Einrichtungen rund um die ELKB heiße Kandidaten. Hinzu kommen kirchennahe Einrichtungen wie der Christliche Verein Junger Menschen (CVJM) und die Johanniter-Unfall-Hilfe, die starkes Interesse an einem Bezug bekunden. Ein Teil des Gebäudes soll zudem an Externe vermietet werden. Anfragen kommen von kommunalen Verwaltungseinheiten und privatwirtschaftlichen Unternehmen, die idealerweise einen Bildungsbezug haben. Interne und externe Mieter werden gemeinsam einen Beitrag zur Finanzierung kirchlicher Arbeit erwirtschaften. Dadurch entsteht eine Kombination aus Dienst- und Ertragsimmobilie, die Renditen erwirtschaftet und zugleich als Heimat von Bildung, Wissen und sozialer Berufe mitten in der Stadt Nürnberg präsent und sinnstiftend ist.
Ein Umbauprojekt dieser Größenordnung (mit einem angepeilten Kostenrahmen von rund 100 Mio. Euro) ist stets auch mit Unwägbarkeiten verbunden, die zusätzliche Kosten auslösen. Dann werden wir gegensteuern. Ferner wird ein substanzieller Betrag für Unvorhergesehenes einkalkuliert. Der Megatrend Digitalisierung könnte die Idee einer realen Begeg-nungsstätte für Menschen infrage stellen. Die ELKB ist jedoch überzeugt, dass auch künftig Stätten für persönliche Begegnungen gefragt sein werden.
In einem Gebäude mit mehreren tausend jungen Menschen soll ein christliches Klima mit positiver Ausstrahlung geschaffen werden. So ist z. B. eine Kapelle bzw. ein Raum der Stille für alle geplant. Auf dem Dach entsteht eine Sky Lounge mit großer Terrasse und wunderbarem Blick auf die Nürnberger Altstadt. Zudem ist im Erdgeschoss eine KiTa in der Planung.
Die häufigsten Fragen – Zu den Finanzen
Die Immobilie wurde im Sommer 2017 von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) voll vermietet als Ertragsimmobilie erworben. Sie sollte zunächst entwickelt werden, um gute Renditen für das Kirchenvermögen zu erwirtschaften („Ertragsimmobilie“). Heute ist eine Mischnutzung als Dienst- und Ertragsimmobilie geplant. Eines der Ziele der kirchlichen Finanzanlagen ist es, die Altersversorgung der Mitarbeiter zu gewährleisten.
Gewerbeimmobilien in bester Lage haben in den vergangenen Jahren im Wert zugelegt. Experten kalkulieren häufig mit fünf bis zehn Prozent jährlicher Wertsteigerung. Der Kaufpreis lag 2017 bei 49 Mio. €. Nach einem Wertgutachten war die Immobilie Ende 2019 bereits mehr als 60 Mio. € wert.
Die Anschaffungskosten für die Immobilie lagen 2017 bei 49 Mio. €. Die Landessynode hat auf ihrer Herbsttagung 2019 zunächst 5 Mio. € für die Planung freigegeben. Für den Bau setzt der Projektlenkungsausschuss in der Basisvariante eine Größenordnung von etwa 100 Mio. € an. Nach Finalisierung der Planung wird das Investitionsvolumen genau berechnet werden. Geprüft wird auch, ob sich durch eine Erhöhung des Bauvolumens eine höhere Rendite erwirtschaften lässt.
Die ELKB bringt nach den Kosten für den Erwerb der Immobilie in Höhe von 49 Millionen Euro und den bereits im November 2019 freigegebenen Planungskosten in Höhe von 5 Millionen Euro weitere 20 Millionen Euro Eigenkapital in das Projekt ECN ein. Für die Nutzungsbereiche der Evangelischen Hochschule, der Rummelsberger Fachschulen und des Hauses für Kinder seien rund 36 Millionen Euro staatliche Fördermittel in Aussicht gestellt. 69 Millionen Euro sollen über zinsgünstige langfristige Kredite finanziert werden, die aus der Rendite des Projekts getilgt werden. Die Investitionsmittel betragen insgesamt 177,8 Millionen Euro.
Nein. Die Gemeinden haben das gleiche Budget, egal ob ein Evangelischer Campus Nürnberg geplant und gebaut wird oder nicht. Selbiges gilt für diakonische, ökumenische oder sonstige kirchliche Zwecke. Das ergibt sich aus der Separierung von Ergebnishaushalt und Investitionshaushalt der ELKB. Planung und Bau stellen Investitionen dar.
Der Gebäudekomplex des ECN gehört einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der ELKB (ECN-KG). Externe Einrichtungen überweisen an die ECN-KG marktübliche Mieten. Auch Mieter aus der Gemeinschaft der ELKB zahlen Marktpreise oder zumindest marktnahe Preise. Durch diese Einnahmen erwirtschaftet die ECN-KG eine Rendite. Der Grund dafür, dass auch kircheneigene Einrichtungen Mieten zahlen, ist ganz einfach: Es wird eine hohe Transparenz geschaffen – und zwar in zweierlei Hinsicht.
- Im Kirchenhaushalt wird sichtbar und vergleichbar, wie hoch die Mietkosten der ELKB-Einrichtungen in eigenen sowie in externen Gebäuden sind. Wenn zum Beispiel die Miete in einer ELKB-Bestandsimmobilie inklusive der erforderlichen Instandsetzungen teurer ist als die ECN-Miete, dann ist ein Umzug auf den neuen Campus wirtschaftlich. Sollte das nicht der Fall sein, so ist, reduziert auf wirtschaftliche Gesichtspunkte, die Vermietung der ECN-Räumlichkeiten an Dritte vorteilhafter. Bei stringenter ökonomischer Betrachtung soll eine ELKB-Einrichtung für den gleichen Nutzwert auf dem Campus nicht mehr bezahlen, als es den Gesamtaufwendungen für die Bestandsimmobilien (inkl. Instand setzungen) entspricht.
- Ferner wird sichtbar, welche Rendite die Investition ECN erwirtschaftet. Überschüsse der ECN-KG fließen über kurz oder lang wieder in den Haushalt der ELKB zurück.
2016 entschied der Landeskirchenrat, die Geldanlage künftig mehr auf Immobilien auszurichten und den Anteil der Wertpapiere bei Neuinvestitionen zu reduzieren. Ein Grund dafür ist die anhaltende rückläufige Renditeentwicklung festverzinslicher Wertpapiere. Seitdem hat die ELKB gut 520 Mio. € in Immobilienfonds investiert und weitere ca. 90 Mio. € gezeichnet. Der Evangelische Campus Nürnberg fügt sich in diese Investitionsstrategie ein.
Durch das derzeit extrem niedrige Zinsniveau ist die Rendite von Finanzanlagen gesunken. Immobilienanlagen werden vergleichsweise attraktiver. Mehrere Kreditinstitute bieten der ELKB aufgrund der hohen Bonität sehr günstige Fremdkapitalzinsen – festgeschrieben auf 20 Jahre und mehr. Das löst eine Hebelwirkung aus. Denn die ELKB muss folglich auf das eingesetzte Eigen- und Fremdkapital nur geringe Erträge erwirtschaften, um die Kapitalkosten zu decken und wirtschaftlich zu agieren. Alle Erträge, die darüber hinausgehen, erhöhen die Rentabilität des Eigenkapitals der ELKB. Sie „hebeln“ die Eigenkapitalrendite.
19.02.2024
ELKB